Mahler 10

“… Kein Mangel an Kühnheit dann im grandiosen Zugriff, den sich Gamzou auf Mahlers Zehnte erlaubt… An der Orchestrierung versucht haben sich manche. Von Ernst Krenek bis zu Deryck Cooke 1972, dessen musikwissenschaftlich geprägte Fassung bis dato gültig schien. Das alles verblasst vor der vitalen, aus tiefem Künstlertum geschöpften Anverwandlung Gamzous, der Mahler offensichtlich genau ausgehorcht hat, vor allem dessen Neunte, an deren Abschiedsmusik der staubige Ton der Bratschengruppe nun eingangs unmittelbar anschließt. was folgt sind achtzig Minuten einer in sich völlig schlüssigen, außerordentlichen, absolut erschütternden Musik: die Zehnte als Mahlers fegefeuerhafte “Flaschenpost” fürs 20. Jahrhundert! … Nicht enden wollender Beifall. Und ein Dirigent, der selbst nach dem zweiten Dankesgang durch die Gruppen wirkt wie der erschöpfte, selbst durch die Hölle gegangene Schmerzensmann: ein Ereignis.” Georg Linsenmann, Stuttgarter Zeitung

“… Seine Version ist im Vergleich zu Rattles Einspielung reicher im Klang, die Kontraste im Deklamatorischen können einen erschrecken. Gamzou formt den musikalischen Verlauf dynamischer, unruhiger als sein berühmter Kollege, die Musik klingt insgesamt sinnlicher, die Artikulation körperhafter, bewegter, auch schwankender….. Gleich im Adagio zu Beginn reißen Gamzou und seine Musiker den Vorhang symphonischen Gediegenheit beiseite. Das Stück überwältigt durch wüste Dissonanzen, Gewalttätige Steigerungen und der Cluster-Höllenakkord des Höhepunktes wirken wie der Zusammenbruch jeder Illusion von Schönheit. .. Yoel Gamzou dirigiert das als ein symphonisches Drama, impulsiv, mit brennender Intensität, doch kontrolliert. Er beweist so, dass nur der unbedingte Glaube an die Kunst und an die eigene Kraft Berge versetzt. Sein Kunst-Enthusiasmus scheint grenzenlos.…. Yoel Gamzou riskiert viel, eigentlich alles. Aber genau das macht seinen Charme aus.” Wolfgang Schreiber, Süddeutsche Zeitung.

“… Diese neueste Fassung von Mahlers letztem Werk, die beim Musikverlag Schott verlegt wird, ist wesentlich kontrastreicher, drastischer und farbiger als die bislang veröffentlichten. Kein Skelett, sondern ein pralles, symphonisches Naturereignis. Einige Kontrapunkte aus der Hand Mahlers, die Cooke noch unbekannt waren, da sie erst im Jahr 2001 entdeckt wurden und seither in den Moldenhauer-Archiven der Bayerischen Staatsbibliothek zugänglich sind, hat Gamzou in seine Partitur eingearbeitet. An anderen Stellen, vor allem im zweiten und vierten Satz, schafft die Instrumentation die Illusion einer dichteren Polyphonie, als sie die Kompositionsskizzen offenbaren…. Es ist Gamzous ureigenste, zum Leben erweckte Mahlervision: eine wilde, nackte, abgründige Seelenlandschaft, vor deren Intensität man auch erschrecken mag. Sie ist überaus faszinierend. Wie alles, was Gamzou tut.” Julia Spinola, Frankfurter Allgemeine Zeitung

“… Schon nach der ersten Partiturseite bin ich überwältigt: Wer hat schon eine dermaßen radikale Alternative zu den Versuchen geschaffen, die Ernst Krenek und später Deryck Cook deutlich minimalistischer verfasst haben?… Yoel Gamzou, 28 Jahre alt, ist ein israelisch-amerikanischer in Deutschland lebender Dirigent. Die Zehnte Symphonie von Mahler begleitet ihn seit seiner Kindheit so nah, dass diese Musik ein Teil von ihm geworden ist. Das wird gleichermaßen in der Natürlichkeit seiner Instrumentierung hörbar, wie auch durch die Vielschichtigkeit des Ausdrucks in einer Sprache, die das expressive Vokabular des Werkes völlig neu definiert.

Man steht nicht mehr vor einer abstrakten Partitur, sondern erlebt Mahlers dritte Parabel über die Menschheit neu. Plötzlich ergibt sein dritter Trilogie-Teil Sinn und alles strahlt in demselben düsteren Glanz, den schon die Neunte Symphonie oder das Lied von der Erde ausstrahlen … Alles ist hier anders als in den bis jetzt vorhandenen Versionen, denn das Konzept der Arbeit Gamzous ist ein anderes: nicht lediglich die Skizzen bearbeiten, sondern den geistigen Kern des Werkes hervorheben.  Es ist überwältigend, atemberaubend, zerreißend … Aber an dieser Stelle muss ich auch die Kunst des Dirigenten feiern, der mit dem Orchester wie ein Maler die subtilsten Farben zaubert, als Meister einer perfekten Balance, und sein Orchester, das vor Jugend vibriert.Wie Teodor Currentzis hat Yoel Gamzou eine Truppe aus jungen Musikern zusammengestellt, die technisch brillant sind und feurige Seelen haben. Und dieses Feuer, diese Wut täuschen nicht.

Die Aufnahme wurde während eines Konzertes in der Berliner Philharmonie in gemacht. Ich frage mich, ob es nicht die beste Aufnahme ist, die in diesem Saal je gemacht wurde… Unwiderlegbar und unverzichtbar.” [übersetzt aus dem französischen] Jean-Charles Hoffelé, ClicMusique/ClicMag n°43

“… Eine ungewöhnlich dramatische, wilde Mahler-Sicht war das. Musik, die nicht nur elegisch strömt, sondern sucht und schreit – als habe die Besessenheit Gamzou hier tatsächlich ihr echo gefunden.” Jörg Königsdorf, Süddeutsche Zeitung

“Der israelisch- amerikanische Dirigent Yoel Gamzou ist eine zweifellos ungewöhnliche Begabung. Was bei diesem Berliner Einstand zu erleben war, kann man als Wirklichkeit gewordene Vision eines Phänomens, eines von seiner Idee Besessenen, fast: eines Genies bezeichnen. Was in anderen Fassungen geglättet wurde und wo man von Schreibfehlern des Komponisten ausging, prallt hier schonungslos aufeinander; zahlreiche Harmonien sind deutlich dissonanter als gewöhnlich. Dieses Adagio, das oft über weite Strecken als falsche Idylle zu hören war, als Musik eines schwermütigen, todkranken, an seiner Ehe verzweifelnden Komponisten, scheint hier eine ganz andere Botschaft zu erhalten: Das ist von Anfang an ein klarer Blick in die Zukunft, präsent und bewusst von jemandem komponiert, der noch viel vorhat und wieder einmal Grenzen ausloten will; und so dirigiert Yoel Gamzou diese Musik auch: unsentimental noch vorne gerichtet und in großen Zusammenhängen. Der Aufschrei am Ende des Satzes ist hier kein für sich stehendes Schockelement, sondern logische Konsequenz aus dem Ganzen. Sehr plastisch wirkt diese Aufführung auch durch die reduzierte Streicherbesetzung. Wo sonst Orchester mit über einhundert Mitwirkenden beteiligt sind, kommt das International Mahler Orchestra mit noch nicht einmal fünfzig Musikern aus. Insgesamt hatte man das Gefühl, dass hier jemand Mahler wirklich verstanden hat…. Man bewundert Gamzous Hingabe und Willensstärke … hat sich jedoch eine absolute Riesenbegabung präsentiert, die das Zeug zu einer ganz großen Karriere hat.” Andreas Göbel, Kulturradio

“…es gibt verklärende Momente in seiner Aufführung… Das lange Flötensolo, das nach Beginn des Finales über gedämpfte Streicherklänge schwebt, ist schöner, als es je auf Platte gewesen ist…” [aus dem englischen übersetzt] Andrew Clements, The Guardian

“…Gamzou’s Realisation… ist weniger ätherisch sondern viel reichhaltiger ausgestaltet als die normalerweise aufgeführte Fassung von Deryck Cooke. Sie klingt wie der beeindruckende, mutige Geniestreich von jemandem, der sehr begabt ist, aber noch jung… und wird außerordentlich gut gespielt vom [International Mahler] Orchestra…” [aus dem englischen übersetzt] Stephen Pritchard, Sunday Times

“…Wie der junge israelisch-amerikanische Dirigent in einem ausführlichen Begleittext erklärt, fühlte er lange eine ungewöhnliche Identifikation mit diesem gar nicht so skelettartigen Entwurf, und er geht seine Sache auf dem Papier genauso leidenschaftlich an wie auf dem Podium. Das Spiel von Gamzou’s eigenem internationalen Orchester ist tief empfunden und enthusiastisch…” [aus dem englischen übersetzt] David Gutman, Gramophone